22. Oktober 2018

Bußgeldminderung durch Compliance

Was die Entscheidung des Bundesgerichtshofs über Bestechungszahlungen für Rüstungsgeschäfte für die betriebliche Praxis in Unternehmen bedeuten kann und wieso es sinnvoll ist ein effizientes Compliance-Management-System einzuführen, weiß Dr. Volker Jahr

In der sogenannten „Panzerhaubitzenentscheidung“ des Bundesgerichtshofs vom 09.05.2017, Az. 1 StR 265/16, hatte dieser – vereinfacht gesprochen – über Bestechungszahlungen für Rüstungsgeschäfte aus den Jahren 2002 bis 2005 zu entscheiden, die an sich, was den Tatbestand der Bestechung und Bestechlichkeit angeht, verjährt waren, die aber als Betriebsausgabe gebucht wurden und daher über den „Umweg“ einer unzulässigen Verbuchung als Betriebsausgabe trotzdem noch steuerstrafrechtlich verfolgt und bestraft werden konnten – und dies sogar trotz einer an sich strafbefreienden sog. „Selbstanzeige“ eines der Beteiligten, die aber wegen einer vorhe-
rigen Tatentdeckung im Ausland nicht als wirksam anerkannt wurde. Die gegen das beteiligte Unternehmen festgesetzte Geldbuße gem. § 30 OWiG wurde vom BGH dabei zugleich aufgrund von Fehlern der Vorinstanz (LG München) im Rahmen der Bußgeldbemessung aufgehoben. Neu und beachtenswert für die Praxis ist an dieser Entscheidung nun dreierlei:

1. Steuerstrafverfahren werden mehr und mehr als eine Art „Auffangtatbestand“ von den Behörden verwandt, um im Übrigen wirtschaftsstrafrechtlich bereits verjährte Taten dennoch verfolgen zu können. Denn alles hat steuerliche Auswirkungen – auch allgemeine Wirtschaftsstraftaten mit strafrechtlicher „normaler“ Verfolgungsverjährung von fünf Jahren. Demgegenüber liegt die steuerstrafrechtliche Verfolgungsverjährung bei einem Steuerschaden ab EUR 50.000,00 in der Regel bereits bei zehn Jahren.

2. Eine steuerstrafrechtliche Selbstanzeige ist auch dann unwirksam, wenn (nur) ausländische Behörden die Tat bereits entdeckt haben und wenn eine Rechtshilfegewährung durch den ausländischen Staat gegenüber Deutschland wahrscheinlich ist.

3. Positiv an der Entscheidung des Bundesgerichtshofes – und dies zeigt sich auch an ihrer zustimmenden Aufnahme im rechtswissenschaftlichen Schrifttum – ist, dass für die Strafzumessung zukünftig zu berücksichtigen sein wird, inwieweit die Beteiligten ihrer Pflicht, Rechtsverletzungen aus der Sphäre des Unternehmens zu unterbinden, genügen und ein effizientes Compliance-Management-System installiert haben, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen angelegt ist. Dabei spielt es auch eine Rolle, wie ein Unternehmen auf Steuerstrafverfahren oder andere Wirtschaftsverfahren in der Vergangenheit reagiert und jedenfalls unter deren Eindruck Regelungen optimiert und Betriebsabläufe so gestaltet hat, dass vergleichbare Normverletzungen zukünftig deutlich erschwert oder vermieden werden („Nachtatverhalten“).

Vor diesem Hintergrund kann es jedem Unternehmer, jeder Unternehmerin und jedem Unternehmen nur dringend angeraten werden, sich über ein Compliance-Management-System Gedanken zu machen, sofern ein solches nicht bereits installiert oder zumindest angedacht ist, zumal im Koalitionsvertrag ein Unternehmensstrafrecht geplant ist. In Abschnitt „X. Ein handlungsfähiger und starker Staat für eine freie Gesellschaft“ ist dazu in den Zeilen 5912 ff. vorgesehen, Wirtschaftskriminalität stärker zu verfolgen und das Sanktionenrecht für Unternehmen neu zu regeln dahingehend, dass künftig auch Unternehmen selbst verfolgt und bestraft werden können. Denkbar erscheinen allgemeine, rechtsübergreifende Sanktionsregelungen für Unternehmen, die über die bereits bestehenden Regelungen einzelner Rechtsgebiete, etwa im Kartellrecht und im Bilanzrecht, hinausgehen.

Autor(en):

Dr. Volker Jahr

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