27. Juli 2018

Eheverträge von Unternehmern

Ehevertrag mit Gütertrennung – eine erbschaftsteuerliche Fehlgestaltung
Die modifizierte Zugewinngemeinschaft – ein sachgerechter Güterstand bei Unternehmerehen
Abhandlung von Herrn Dipl.-Kfm. Michael Engels, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

Was Unternehmer im Hinblick auf automatisch eintretenden gesetzlichen Folgen von Eheschließungen unbedingt beachten sollten
Eheverträge sind von Natur aus ein relativ unangenehmes Thema – und doch gerade für Unternehmer ein besonders wichtiges. Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland ungefähr jede dritte Ehe geschieden wird, sollte der Fall einer Scheidung nicht völlig unbeachtet bleiben. So kann eine Scheidung nicht nur zu einer persönlichen Tragödie werden, sondern auch das Unternehmen finanziell in Gefahr bringen. Nicht selten passiert es, dass bei einer Scheidung einem Unternehmer die Trennung von seinem Ehepartner nicht nur viel Geld, sondern auch Teile seines Unternehmens kostet – bis hin zum wirtschaftlichen Ruin. Trotz dieser Aussichten scheuen viele Unternehmer, einen Ehevertrag, der notariell zu beurkunden ist, abzuschließen. Wer spricht schon gerne von Scheidung und von Ausgleichsansprüchen, wenn man dabei ist, den Bund fürs Leben zu schließen? Welcher Unternehmer möchte sich vorwerfen lassen, gegenüber dem geliebten (zukünftigen) Ehegatten geizig zu sein? Andererseits werden oftmals vor der Eheschließung schnell nachteilige oder sogar ggf. sittenwidrige und damit unwirksame Verträge unterschrieben – was heftige Konsequenzen nach sich ziehen kann.

Güterstandsklauseln in Gesellschaftsverträgen
Oftmals wird in den Gesellschaftsverträgen sinnvollerweise festgelegt, dass alle Gesellschafter verpflichtet werden, mit ihrem jeweiligen Ehepartner zur Abschirmung der unternehmerischen Beteiligung von Scheidungsstreitigkeiten einen Ehevertrag mit einem vorgegebenen Mindestinhalt (Gütertrennung oder sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft – Herausnahme des unternehmerischen Vermögens) abzuschließen. Regelmäßig sind Sanktionen bei Nichtbeachtung dieser Regelung vorgesehen (z. B. kein Stimmrecht, Ausschließung, Zwangsabtretung u. Ä.).

Gesetzliche Regelung
Mit einer Heirat tritt in Deutschland automatisch der Güterstand der Zugewinngemeinschaft in Kraft, wenn die Ehepartner nicht durch einen Ehevertrag eine andere Vereinbarung getroffen haben. Das Hauptmerkmal der Zugewinngemeinschaft ist, dass es grundsätzlich kein gemeinschaftliches Vermögen gibt, solange keine Miteigentumsverhältnisse zwischen den Eheleuten begründet werden. Stattdessen bleibt jeder Alleineigentümer der Sachen, die er in die Partnerschaft eingebracht oder während der Ehe erworben hat. Ein Ehepartner haftet – entgegen einem weitverbreiteten Irrtum – grundsätzlich nicht für die Verbindlichkeiten des anderen. Auch kann er weiterhin über sein Vermögen frei verfügen (Ausnahme: Er verfügt über sein Vermögen im Ganzen oder über wesentliche Teile seines Vermögens).
Die Zugewinngemeinschaft zeigt ihre eigentliche Wirkung erst, wenn die Ehe auseinander geht, also im Fall der Scheidung oder im Fall des Todes eines Ehegatten. Im Zuge eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens wird – bis auf einige Ausnahmen (wie Erbschaften, Schenkungen etc.) – das während der Ehezeit hinzugewonnene Vermögen (der sog. Zugewinn) zu gleichen Teilen auf beide Partner aufgeteilt.
Der Zugewinn ist die Differenz zwischen dem Endvermögen eines Partners bei Scheidung und seines Anfangsvermögens bei Heirat. Der Zugewinn wird für beide Ehepartner getrennt berechnet. Danach werden die beiden Zugewinne verglichen und die Differenz wird hälftig geteilt. Der Partner mit dem geringeren Zugewinn erhält die Hälfte des Zugewinns des Ehepartners als Ausgleich (sog. Zugewinnausgleichsforderung).

Erbschaften und Schenkungen im Zugewinnausgleich:
Die Berücksichtigung von Erbschaften und Schenkungen (z. B. von den Eltern geerbte/ geschenkter Betrieb bzw. Unternehmensanteil) im Zugewinnausgleich richtet sich nach § 1374 Abs. 2 BGB. Darin ist vorgesehen, dass die fraglichen Beträge dem sogenannten Anfangsvermögen zugeschlagen werden. Das bedeutet, dass die fraglichen Zuwendungen juristisch so behandelt werden, als hätte diese der jeweilige Ehepartner schon vor der Ehe besessen – und nicht erst während der Ehe hinzugewonnen. Das hat zur Folge, dass sich die Position beim Vergleich des Anfangs- mit dem Endvermögen aufhebt, wenn und soweit der Wert sich während der Ehe nicht geändert hat.
Sollte der Unternehmenswert allerdings während der Ehe gestiegen sein, so erhöht dieser Mehrwert den Zugewinn des Unternehmerehegatten. Hat sich das Unternehmen gut entwickelt, steht im Falle der Scheidung somit die Hälfte der Wertsteigerung dem anderen Ehegatten als Zugewinn zu. Dies kann die Existenz des Unternehmers und des Unternehmens bedrohen, denn der Zugewinnausgleich auf den (gestiegenen) Unternehmens-wert ist auch dann zu zahlen, wenn der Unternehmer nicht über genügend liquide Mittel verfügt.

Berechnungsbeispiel für die Ermittlung der Erbschaftsteuer

Ehemann Ehefrau

Anfangsvermögen EUR 100.000 EUR 200.000
Endvermögen EUR 4.000.000 EUR 500.000
Zugewinn EUR 3.900.000 EUR 300.000

Differenz EUR 3.600.000
Zugewinnausgleichsforderung =
½ von EUR 3.600.000 = EUR 1.800.000

Bei Tod eines Ehegatten wird eine solche Vergleichsrechnung nicht zwingend angestellt, vielmehr kann zwischen einer pauschalen (sog. erbrechtlichen) Abgeltung des Anspruches und der oben beschriebenen exakten (sog. güterrechtlichen) Berechnung gewählt werden.Bei der pauschalen Variante erfolgt der Zugewinnausgleich durch die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten. Die Erbquote des in Zugewinn-gemeinschaft lebenden erbenden Ehegatten erhöht sich pauschal um ¼. Die Erhöhung gilt unabhängig davon, ob tatsächlich gerade der überlebende Ehegatte einen Zugewinnaus-gleichsanspruch hat oder nicht. Es wird also bei der pauschalen erbrechtlichen Erhöhung nicht gefragt, ob der überlebende Ehegatte weniger Zugewinn erzielt hat als der Verstorbene, vielmehr erhält er die pauschale Erbquotenerhöhung als Abgeltung des Zugewinnaus-gleichsanspruches, unabhängig von der Frage, ob ihm tatsächlich ein solcher Anspruch zusteht.

Beispiel:
Die Ehegatten leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie haben 2 Kinder. Der Ehemann verstirbt. Der Ehegatte ist zunächst mit ¼ als Erbe berufen. Wegen des gesetzlichen Ehestands der Zugewinngemeinschaft erhöht sich die Erbquote pauschal um ¼, sodass der Ehegatte ½ erhält. Die Erbquote der beiden Kinder beträgt je ¼.

Im Übrigen gilt die Erhöhung nur bei gesetzlicher Erbfolge: Setzen Ehegatten sich in einem Testament oder Erbvertrag zu Erben ein, gilt die Erbquote, die im Testament oder im Erbvertrag ausgewiesen ist.
Alternativ kann der überlebende Ehegatte, statt den pauschal erhöhten Erbteil zu verlangen, die oben bereits angedeutete Möglichkeit nutzen und den ihm zustehenden, tatsächlichen (güterrechtlichen) Zugewinnausgleich geltend machen. Dazu muss er die Erbschaft ausschlagen; er kann dann einerseits den sog. „kleinen Pflichtteil“ und andererseits den tatsächlich sich ergebenden Zugewinnausgleich geltend machen. Unter Umständen ist der überlebende Ehegatte daher gehalten, durch Berechnung der beiden Alternativen die für ihn günstigere herauszufinden. Dabei muss er abwägen, ob er besser gestellt ist, wenn er den pauschal erhöhten Erbteil (bei gesetzlicher Erbfolge) oder die ihm tatsächlich zugewiesene Erbquote annimmt, oder aber die Erbschaft ausschlägt und den Pflichtteil sowie daneben den tatsächlich angefallenen Zugewinn geltend macht.

Die wichtigsten Pflichtteilskonstellationen
Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch, der in der Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils besteht (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB). Dies bedeutet, dass die Berechnung des Pflichtteils der Ermittlung des gesetzlichen Erbteils des Ehegatten (§ 1931 BGB), der Abkömmlinge (§ 1924 BGB) oder der Eltern (§ 1925 BGB) des Erblassers bedarf. Zu beachten ist, dass sich der Pflichtteil des in Zugewinngemeinschaft lebenden Ehegatten, der nicht Erbe oder Vermächtnisnehmer wird, nur nach seinem Erbteil gemäß § 1931 BGB richtet (§ 1371 Abs. 2 und 3 BGB).
Gemäß § 2310 S. 1 BGB werden für die Berechnung des gesetzlichen Pflichtteils auch diejenigen mitgezählt, die enterbt worden sind, ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt worden sind, während diejenigen, die aufgrund eines Erbverzichts ausgeschlossen sind, gemäß § 2310 S. 2 BGB nicht mitgezählt werden.

Die wichtigsten Konstellationen werden in der folgenden Übersicht hervorgehoben:

Pflichtteilsberechtigte Person
Pflichtteil
Ehepaar (Zugewinngemeinschaft)
Ehefrau („kleiner“ Pflichtteil“)
1/8
Hinterbliebene: Ehefrau und 1 Kind
Kind
3/8
Ehepaar (Zugewinngemeinschaft)
Ehefrau („kleiner“ Pflichtteil)
1/8
Hinterbliebene: Ehefrau und 2 Kinder
Kinder (jeweils)
3/16
Ehepaar (Zugewinngemeinschaft)
Ehefrau („kleiner“ Pflichtteil“)
1/8
Hinterbliebene: Ehefrau und 3 Kinder
Kinder (jeweils)
3/24
Ehepaar (Gütertrennung)
Ehefrau
1/4
Hinterbliebene: Ehefrau und 1 Kind
Kinder (jeweils)
1/4
Ehepaar (Gütertrennung)
Ehefrau
1/6
Hinterbliebene: Ehefrau und 2 Kinder
Kinder (jeweils)
1/6
Ehepaar (Gütertrennung)
Ehefrau
1/8
Hinterbliebene: Ehefrau und 3 Kinder
Kinder (jeweils)
1/8
Ehepaar (Zugewinngemeinschaft)
Ehefrau
1/4
Hinterbliebene: Ehefrau und beide Eltern
Eltern (jeweils)
1/8
Ehepaar (Gütertrennung)
Ehefrau
1/4
Hinterbliebene: Ehefrau und beide Eltern
Eltern (jeweils)
1/8

Erbschaftsteuerliche Behandlung des Zuggewinnausgleichs
Erbschaftsteuerlich gilt – unabhängig davon, ob der Ehegatte als gesetzlicher Erbe oder aufgrund eines Testaments erbt -, dass stets der Betrag, der als Zugewinn tatsächlich (güterrechtlich) geltend gemacht werden könnte, nicht der Erbschaftsteuer unterliegt (§ 5 Abs. 1 ErbStG). Selbst, wenn also für erbrechtliche Zwecke die Höhe des konkreten Ausgleichsanspruchs nicht ermittelt werden muss, weil der Ehegatte die erbrechtliche Lösung (pauschale Erhöhung um ¼) wählt, erfordert das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) stets eine genaue Berechnung.

Praxishinweis:
Der Deutlichkeit halber sei darauf hingewiesen, dass ein Ehegatte, der die Vorteile des § 5 ErbStG in Anspruch nehmen will, keinesfalls gezwungen ist, die Erbschaft auszuschlagen und den tatsächlich angefallenen Zugewinn geltend zu machen. Vielmehr stellt § 5 Abs. 1 ErbStG den Betrag von der Erbschaftsteuer frei, den der Ehegatte als Zugewinn tatsächlich verlangen könnte. Für die Inanspruchnahme des steuerfreien Zugewinnausgleichsanspruches muss in einer Hilfsrechnung errechnet werden, in welcher Höhe dem Ehegatten ein Zugewinnausgleichsanspruch zustünde. Dieser Betrag ist dann in Höhe des Steuerwerts gem. § 5 Abs. 1 Satz 5 ErbStG erbschaftsteuerfrei.

Der fiktive Zugewinnausgleich berechnet sich ab dem Tag der Eheschließung bzw. bei nachträglicher Vereinbarung der Zugewinngemeinschaft ab dem Tag des Abschlusses des Ehevertrags. Vereinbaren die Ehegatten während der Ehe, nachdem sie anfänglich einen anderen Güterstand gewählt hatten, rückwirkend die Zugewinngemeinschaft auf den Tag des Eheschlusses, ist dies zwar zivilrechtlich wirksam, im Erbfall steuerlich hingegen erst ab dem Datum der Vereinbarung relevant.
Wichtig aber ist: Erbschaftsteuerlich sind Einschränkungen bei der Zugewinngemeinschaft (sog. Modifizierungen) nicht schädlich, da nach der Regelung § 5 Abs. 1 Satz 2 ErbStG von den gesetzlichen Vorschriften abweichende Vereinbarungen unberücksichtigt bleiben (RE 5.2 ErbStR 2011). Dies eröffnet erheblichen Gestaltungsspielraum. Wenn also vereinbart ist, dass z. B. Unternehmensvermögen vom Zugewinn ausgenommen bleibt, ist dennoch die fiktive (steuerliche) Zugewinnausgleichsforderung unter Berücksichtigung des gesamten Vermögens, das dem erstversterbenden Ehegatten gehörte, erbschaftsteuerfrei! Hierzu zählt auch das vertraglich ausgenommene Unternehmensvermögen.
Die zu errechnende (fiktive) Zugewinnausgleichsforderung, die nach § 5 Abs. 1 ErbStG steuerfrei bleibt, ist somit lediglich eine steuerliche Rechengröße. Dies bedeutet im Ergebnis, dass die vereinbarte Modifizierung erbschaftsteuerrechtlich unberücksichtigt bleibt, wenn der überlebende Ehegatte (Mit-)Erbe oder Vermächtnisnehmer geworden ist.
Diese vorgenannte Regelung bietet Gestaltungsmöglichkeiten für den Abschluss von Eheverträgen von Unternehmern:
Vereinbaren die Eheleute hingegen Gütertrennung, so entsteht dieser Zugewinnausgleich nicht, und zwar weder bei Scheidung noch bei Tod des Ehegatten. Allerdings verliert man durch diese Regelung einen großen Steuervorteil: Die für die Erbschaftsteuer ermittelte fiktive Zugewinnausgleichsforderung, die ein Ehegatte nach dem Tod des anderen verlangen könnte, unterliegt gem. § 5 ErbStG nicht der Erbschaftsteuer. Dieser steuerliche Vorteil geht dem überlebenden Ehegatten verloren, wenn Gütertrennung vereinbart wurde.
In den meisten Fällen widerspricht es ferner bereits den Vorstellungen der Ehepartner von ehelicher Solidarität und Risikoverteilung, den anderen vollständig vom Erfolg oder Misserfolg auszuschließen. Auch ist in der Regel nicht gewollt, dass ein Ehegatte, der etwa wegen der Betreuung der gemeinsamen Kinder kein eigenes Vermögen aufbauen kann, bestraft wird und keinen Zugewinn – noch nicht einmal den, der im Privatvermögen entstanden ist – erhält.

Lösung: Modifizierte Zugewinngemeinschaft
Daher sollte man „nicht das Kind mit dem Bade ausschütten“ und deshalb an die Möglichkeit des „modifizierten Zugewinnausgleichs“ denken.
Mit einem maßgeschneiderten Ehevertrag ist es möglich, die Nachteile und Überkompensationen der gesetzlichen Regelung zu vermeiden und die Rechte und Pflichten jedes Ehegatten im Falle einer Scheidung individuell so auszugestalten, dass Risiken, Lasten und Vorteile angemessen verteilt und Missbrauchsmöglichkeiten beseitigt sind.
Die Vereinbarung der Gütertrennung ist dabei in der Regel nicht erforderlich, denn das geltende Recht lässt es zu, individuell durch Ehevertrag die Zugewinngemeinschaft zu modifizieren. So wird es zum Schutz des Unternehmens oder der Mitgesellschafter in der Regel ausreichen, das Unternehmen aus der Berechnung des Zugewinnausgleichs herauszunehmen, ohne auf die steuerrechtlichen und erbrechtlichen Vorteile der Zugewinngemeinschaft (siehe obige Ausführungen) zu verzichten.
Weitere mögliche Modifikationen:
– Zugewinn wird vollständig für den Fall der Scheidung ausgeschlossen
– Zugewinnausgleich wird beschränkt auf das private Vermögen
– Zugewinn wird auf einzelne Vermögensgegenstände beschränkt
– Zugewinn wird betragsmäßig begrenzt
– Wertzuwachs bei ererbten, geschenkten Vermögen bleibt unberücksichtigt.
Berechnung der Erbschaftsteuer bei Gütertrennung und alternativ bei (modifizierter) Zugewinngemeinschaft und einer Zugewinnausgleichsforderung von EUR 1.800.000:
Bei Gütertrennung
Nachlasswertwert des Ehemannes
(Verkehrs- und Steuerwert):
EUR 4.000.000
./. Ehegattenfreibetrag (§ 16 ErbStG)
EUR 500.000
./. Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG)
EUR 256.000
Bemessungsgrundlage für Erbschaftsteuer
EUR 3.244.000
19 % Erbschaftsteuer hieraus (§ 19 ErbStG)
EUR 616.360
– 8 –
DMS 10095/330558
Bei modifizierter Zugewinngemeinschaft
Nachlasswert
EUR 4.000.000
./. Ehegattenfreibetrag (§ 16 ErbStG)
EUR 500.000
./. Versorgungsfreibetrag (§ 17 ErbStG)
EUR 256.000
./. steuerfreie (fiktive) Zugewinn-
ausgleichsforderung (§ 5 ErbStG)
EUR 1.800.000
Bemessungsgrundlage für Erbschaftsteuer
EUR 1.444.000
19 % Erbschaftsteuer hieraus (§ 19 ErbStG)
EUR 274.360
Weitere Vorteile der Zugewinngemeinschaft können sich bei Schenkungen unter Ehegatten ergeben:
Steuerfreier Zugewinnausgleich und frühere Schenkungen
Der Zugewinnausgleichsanspruch wird nicht nur von der Entwicklung des Anfangsvermögens zum Endvermögen beider Ehegatten beeinflusst, sondern auch von Schenkungen, die während der Ehe getätigt wurden (§§ 1374 Abs. 2, 1375 Abs. 2,3, 1380 Abs. 1,2 BGB) und damit das Endvermögen beeinflusst haben.
Schenkungen an Dritte werden gem. § 1375 Abs. 2 BGB bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dem Endvermögen des Erblassers wieder hinzugerechnet, es sei denn, die Zuwendung liegt länger als 10 Jahre zurück oder geschah im Einvernehmen mit dem anderen Ehegatten.
Unentgeltliche Zuwendungen an den überlebenden Ehegatten werden grundsätzlich ebenfalls dem Endvermögen des Erblassers hinzugerechnet (§ 1380 Abs. 2 BGB) und auf die Ausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten angerechnet (§ 1380 Abs. 1 BGB), wenn bei der Zuwendung eine entsprechende Anrechnung bestimmt worden ist.
Im Ergebnis führt eine Anrechnung dazu, dass Schenkungen des Erblassers an Dritte die Ausgleichsforderung des überlebenden Ehegatten nicht mindern bzw. bei Zuwendungen an den überlebenden Ehegatten selbst dessen Gesamterwerb (Schenkung und Ausgleichsanspruch) der Ausgleichsforderung entspricht, die ihm zugestanden hätte, wenn die Zuwendung an ihn nicht erfolgt wäre.

Wird der Güterstand durch den Tod eines Ehegatten beendet, erstattet das Finanzamt auf Antrag die für diese Schenkungen an den Ehegatten entrichtete Schenkungsteuer. Diese in § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG vorgesehene Regelung gilt auch dann, wenn für den Erwerb von Todes wegen des überlebenden Ehegatten gar keine Erbschaftsteuer anfällt oder wenn es nur zu einem erbrechtlichen Zugewinnausgleich kommt und die Anrechnungsregelung des § 1380 BGB lediglich bei der Berechnung des fiktiven Zugewinns berücksichtigt wird.
Zivilrechtliche Ermittlung des Zugewinnausgleichsanspruchs
Die konkrete Höhe des Ausgleichsanspruchs ermittelt sich anhand eines Vergleichs des jeweiligen Anfangs- und Endvermögens eines jeden Ehegatten (§ 1373 ff. BGB)
Schema: Ermittlung des Zugewinnausgleichs:
Ehemann
Ehefrau
Endvermögen
1.300.000
1.200.000
+ Schenkungen an Dritte während der letzten 10 Jahre (§ 1375 Abs. 2 BGB)
+ 100.000
+ Schenkungen an Ehegatten (§ 1380 Abs. 2 BGB)
+ 250.000
– vom Ehegatten erhaltene Schenkungen
– 250.000
– Anfangsvermögen
– 100.000
0
– Erbschaften und Schenkungen von dritter Seite (§ 1374 Abs. 2 BGB)
– 150.000
– 200.000
= Zugewinn (§ 1373 BGB)
1.400.000
750.000
Saldo (Zugewinnüberschuss)
650.000
davon die Hälfte (§ 1378 Abs. 1 BGB)
325.000
vorweggenommener Zugewinnausgleich durch Schenkungen (§ 1380 Abs.1 BGB)
0
0
= Ausgleichsforderung
325.000

Zusammenfassung
Aus erbschaftsteuerlicher Sicht ist der Güterstand der modifizierten Zugewinngemeinschaft dem Güterstand der Gütertrennung vorzuziehen. Der Zugewinnausgleichsfreibetrag kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Eheleute im Güterstand der Zugewinn-gemeinschaft (auch in modifizierter Form) gelebt haben und wenn der Güterstand durch den Tod eines der Partner beendet worden ist. Für den Fall der Scheidung können bei Vereinbarung der modifizierten Zugewinngemeinschaft die gleichen Rechtsfolgen wie bei Vereinbarung der Gütertrennung erreicht werden. Modifizierungen der Zugewinn-gemeinschaft können auf unterschiedlichster Art und Weise erfolgen, ohne dass der Zugewinnausgleichsfreibetrag davon betroffen wird. Wie bei der Gütertrennung haften die Ehegatten auch nicht bei der Zugewinngemeinschaft füreinander.
Möglichst vor der Eheschließung sollte ein notariell zu beurkundender Ehevertrag abgeschlossen werden. Der Beispielfall macht deutlich, dass eine Kombination aus Schutzwirkung durch Gütertrennung im Scheidungsfall und erbschaftsteuerlicher Optimierung durch Zugewinngemeinschaft im Todesfall für viele Selbstständige und vermögende Personen empfehlenswert ist. Eine solche Kombination kann tatsächlich in einem notariell beurkundeten Ehevertrag vereinbart werden und wird „Modifizierte Zugewinngemeinschaft“ genannt.
Für bereits geschlossene Vereinbarungen gibt es „Reparaturmöglichkeiten“ in unterschiedlichem Umfang.
Dipl.-Kfm. Michael Engels
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
Fachberater für Internationales Steuerrecht
Stand: 16.03.2016

Autor(en):

Dr. Volker Jahr

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